Das erste Glied in der Kette

Das erste Glied in der Kette

„Kaum zu glauben: Sieben Jahre fahre ich jetzt schon für Künstler“. Für Tourneetrucker Michele Koucky (40) wirken sich die Beschränkungen in der Corona-Pandemie aus wie ein Berufsverbot. Seine Touren mit dem Auflieger quer durch Deutschland oder in die deutschsprachigen Nachbarländer Österreich, Schweiz und Luxemburg zu den kleinen und großen Konzerthallen sind gestrichen. Seit dem ersten Lockdown Anfang März herrscht quasi Stillstand in der Veranstaltungsbranche.

Koucky wartet sehnlichst darauf, dass er wieder mit dem mit Bühnentechnik und dem gesamten Equipment wie Licht, die Deko für die Backline, das Catering und alles was mit dem Bühnenbild zu tun hat, beladenen Auflieger auf den Autobahnen unterwegs ist. Er hat die leise Hoffnung, dass es bald wieder losgehen kann – vielleicht im Frühjahr 2021, hofft er.

Ihm fehlt vor allem Kontakt zu den Künstlern und den vielen helfenden Händen hinter der Bühne. Auf Tour zu sein, bedeutet ihn viel. Es ist wie ein Familientreffen.

Bei großen Tourneen sind vier bis fünf Lkw unterwegs. Dann geht es mit dem Auflieger zum Beispiel direkt in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart. „Wir laden direkt vor der Bühne aus“, sagt Koucky. Er fährt den Tourneetruck für Sängerin „Lea“, für den Komiker Dr. Eckart von Hirschhausen, für Schauspieler und Komiker „Tedros „Teddy“ Teclebrhan, der unter seinem Pseudonym „Teddy Comedy“ bekannt ist, und für die Großproduktion „Schlagerparade“. Peggy March, Michael Holm, Lena Valaitis, Irene Sheer und Graham Bonney gehen zusammen auf Tour. Ihre letzte war im Herbst 2019. „Für sie fahre ich gerne. Das macht wirklich Spaß“, sagt Koucky.

Meist ist der nachts unterwegs, muss um 6 Uhr am Ziel sein und um 7 wird der Auflieger ausgeladen. Danach geht er frühstücken, sich frisch machen und dann haut er sich aufs Ohr. Abends sieht er sich die Show an und gegen 2 Uhr geht es wieder beladen auf die Autobahn. Mit der Schlagerparty war er bis zu zwölf Tagen am Stück unterwegs – jeden Tag in einer anderen Stadt. 150 bis 300 Kilometer liegen in der Regel zwischen den Auftrittsorten. Seine wichtigste Aufgabe ist: Immer pünktlich ans Ziel zu gelangen.

Für ihn ist die Arbeit als Tournee-Trucker ein Traumjob. Alles fing 2013 mit einer Umschulung als Lkw-Fahrer an. Als er zufällig auf eine Stellenanzeige als Fahrer bei der Firma Depro stieß und zum Bewerbungsgespräch kam, sah er die mit den Folien der Künstler beklebten Auflieger. Für ihn war klar: „So einen will ich unbedingt fahren.“

Aber bis er tatsächlich ans Steuer durfte, musste er viel üben. An seinen ersten Auftrag erinnert er sich gut: eine Tournee für Fernsehmoderator und Comedian Dr. Eckart von Hirschhausen. Seitdem kann sich Koucky nichts anderes mehr vorstellen, weil er zwar Lkw fährt, aber eben ohne Termindruck.

Und er hat die Stars hautnah erlebt. „Sie sind Menschen wie du und ich. Eigentlich kennt man sie nur von früher aus dem Fernsehen. Da ist man schon etwas zurückhaltend – aber man kommt ins Gespräch“, sagt er.

Darauf, dass Koucky bald wieder als Tourneetrucker gebucht wird, blickt er mit Zuversicht. Denn eines ist für ihn klar: „Ohne die hinter der Bühne läuft nichts. Der Lkw-Fahrer ist das erste Glied in der Kette.“